Milano - Taranto 2009

Nun ist es also soweit, in wenigen Tagen werden Leo und ich nach Mailand aufbrechen um an der 26igsten Milano-Taranto teilzunehmen. Seit fast 25 Jahren fahre und beschäftige ich mich mit der Motorradmarke Laverda. Unweigerlich stößt man dabei in diversen Büchern immer wieder über die fantastischen Rennerfolge der kleinen 75er und 100erter Laverdas der 50iger Jahre und als ich dann erfuhr das dieses Rennen heute wieder als historische Tour für Oldtimermotorräder angeboten wird, erwachte der Wunsch auch selbst mal mit einer meiner Laverdas daran teilzunehmen.

Die Milano – Taranto war das bedeutendste Motorradrennen in Italien. Von 1919 bis 1925 noch Milano – Napoli wurde 1932 bis 1956 die Milano – Taranto ausgetragen. Um Mitternacht wurden die Fahrer in Mailand in die Nacht entlassen um ca. 11-18 Stunden (je nach Hubraum) später fast ganz Italien von Nord nach Süd in halsbrecherischer Art durchfahren zu haben.

Laverda, ein kleiner Motorradhersteller aus Breganze hat mit seinen kleinen 75ern und 100ertern 4-Takt Motorrädern dieses Rennen in der 50iger Jahren dominiert und der große Verkaufserfolg und das Wachstum der Firma war wesentlich von den Siegen abhängig. Klar, was eine solche Belastung durchhält, das fährt die italienischen Ragazzi auch brav täglich zur Arbeit.

1951 schickte die 1949 gegründete Firma erstmals 4 ihrer 75er Maschinen in das Rennen über ca. 1500 km und alle 4 Maschinen erreichten Taranto. Zwar noch nicht mit einem Sieg aber ein wichtiger Achtungserfolg.

Nino Castellani, einer dieser Fahrer habe ich mal bei einem Treffen darauf angesprochen und er meinte: 1951 habe ich mir das ganze Spektakel erstmal angesehen, 1952 dann gewonnen.

Der Startschuss für eine unglaubliche Siegesserie von Laverda war gefallen. 1953 belegten dann bereits 14 Laverdas die ersten 14 Plätze in der 75eriger Klasse und verwiesen die Konkurrenten Capriolo und Ceccato auf die hinteren Plätze. 1954 kamen dann die neuen 100erter Laverdas dazu und weiter geht die Siegesfolge, bis 1956 nach einen schrecklichen Autounfall bei der Mille Miglia alle Straßenrennen in Italien verboten wurden und nur noch Rundstreckenrennen durchgeführt wurden.

Zur Erinnerung hier die Liste der Milano Taranto Erfolge von Laverda:

1952 Nino Castellani Laverda 75
1953 Eugenio Fontanili Laverda 75
1954 Giovanni Larquier Laverda 100
1955 Giovanni Larquier Laverda 75
1956 Angelo Pastorelli (MSDS) Laverda 75
1956 Lino Marchi Laverda 100


Aber nun zurück zur Milano – Taranto heute. Es ist natürlich kein richtiges Rennen mehr. Der Weg nach Taranto ist das Ziel. In 6 Etappen fahren ca. 200 Teilnehmer mit vorwiegend italienischen Oldtimermotorrädern quer durch Italien um Land und Leute kennenzulernen, die Schönheit des Landes zu erleben und die kulinarischen Köstlichkeiten der Regionen zu testen. Aber ca. 2000 km in 6 Tagen auf einer kleinen langsamen 100erter die bereits über 50 Jahre alt ist und eigentlich in ein Museum gehört ist schon eine Leistung für Mann und Maschine
und jeder der Taranto erreicht fühlt sich als Sieger.

Gestartet wird historisch korrekt in Mailand um Mitternacht. Gefahren wird nicht mehr die kürzeste Strecke wie früher, wer fährt schon gerne auf der Autobahn, sondern es geht über schöne Nebenstrecken kreuz und quer durch das Land. Sieger ist wer das vorgegebene Tempo von ca. 35 km/h (incl. Pausen etc) am genauesten Einhält und auch sonst am wenigsten Strafpunkte (z.B. Motorwechsel, liegenbleiben, verfahren etc) erhält.

Ab hier der Bericht meiner Teilnahme:

Jahr 2008 die ersten Pläne

Anfänglich wollten noch 6-7 Bekannte mit mir teilnehmen, am Ende blieben dann nur Leo und ich übrig.

Februar 2009

Wir senden die Anmeldung und die Vorrauszahlung, jetzt ist es fix. Leo fährt mit seiner schönen Benelli Leoncino 125 (2-Takt Motor) und ich mit Laverda 100 (4-Takt Motor) in der historischen Klasse 100 bzw. 125 ccm mit.

April 2009

Meine 100erter lief letztes Jahr ganz gut, aber bei der ersten Fahrt dieses Jahr geht der Kolben fest! Gut dass ich in Reggio Emilia kurz vorher noch Ersatz gekauft habe. Auch einen Rennauspuff habe ich Ihr gegönnt, man will ja auch optisch und akustisch den Rennmaschinen der 50er Jahre entsprechen.

Mai 2009

Der neue Kolben ist montiert, aber das Bike will nicht wirklich gut laufen. Ich habe erste Zweifel damit Taranto zu erreichen. Für den Fall der Fälle schließe ich einen ADAC Auslandsschutzbrief ab. Man muss ja irgendwie zurückkommen wenn der Motor nicht währen der Etappennacht zu reparieren ist.

Juni 2009 noch 3 Wochen bis zum Start

Ich lasse neue Ventile in den Zylinderkopf einschleifen, nun läuft das Bike super
Aber bei der ersten längeren Fahrt geht das Zündkerzengewinde kaputt.

Juni 2009 Sonntag, noch 1 Woche bis zum Start

Viele Stunden in der Werkstatt liegen hinter mir, das Kerzengewinde (Heli Coil Einsatz) will einfach nicht dauerhaft halten. Am Nachmittag bleibe ich wieder bei einer Testfahrt liegen, ich beschließe den Ersatzmotor meiner Laverda 100 Touring einzubauen. Mit diesem Motor bin ich letztes Jahr über den Brenner nach Breganze zum Laverdatreffen und auch dieses Jahr lief der Motor ohne große Probleme. Um 10 Uhr Abends ist es vollbracht. Die 100erter läuft gut, so sollte es klappen über diverse Berge und Täler nach Taranto zu fahren. Schade nur dass ich jetzt keinen Ersatzmotor mitnehmen kann. Aber was soll’s, wenn dieses Jahr meine Laverda die Stecke nicht schaffen sollte, dann eben nächstes Jahr.


Exakt 2011 km durch Italien erwarten uns

Sonntag 5. Juni der Starttag

Wir sind bereits gestern bis Bergamo gefahren um dort noch in einem Hotel gut zu schlafen. Um ca. 1 Uhr erreichen wir den See „Milano Idroscalo“ wo um Mitternacht der Start erfolgt. Ein paar wenige andere Fahrer sind schon da. Um 15 Uhr melden wir uns an, um 17 Uhr ist die technische Abnahme (schalte mal das Licht ein, OK! Abnahme bestanden) Dann wieder warten bis Mitternacht. An Schlaf ist hier nicht zu denken, vor der Tribüne läuft ein Kajak-Fußballtunier mit lautem Stadionsprecher, viele badende Kinder, Geschrei und Motorsound überall.

Leo wird von einem alten Herrn angesprochen, er macht uns klar dass er 1954 und 1955 auch mit einer Benelli Leoncino gestartet ist. Er wünscht uns viel Glück
und hat sich gefreut dass zumindest eine Leoncino dabei ist. Schade dass wir so schlecht italienisch sprechen, es gäbe sicher viel mehr zu Plaudern.

Und dann die Mücken, wir haben kein Autan dabei, merda. Wir versuchen im Auto zu sitzen und zu schlafen, aber dort ist es wie in einer Sauna. In den Bergen sieht man Blitze und Unwetter, ich hoffe noch das kommt nicht bis Milano.

Die Starter mit kleinen Bikes bis 100cc

1 Eirale Giulia Morini Scrambler 48cc del 1968
2 Eirale Attilio Morini ZZ 48cc del 1968
3 Nocent Massimo Guzzino 65cc del 1954
4 Fortuna Giuseppe Laverda 75cc
5 Santagiuliana Roberto Laverda 75cc
6 Mahl Axel Kreidler Florett 49cc del 1960
7 Mertens Wim Zundapp 50cc del 1967
8 Mostosi Gianni Ducati 65cc del 1952
9 Cornale Romano Laverda 75cc

CLASSE 100CC
11 Forster Siegfried Laverda Sport 100cc del 1957
12 Pegoraro Moreno Laverda 100 corsa 98cc del 1957
13 Lucchi Attilio Parilla Slughi 98cc del 1960
14 Baggio Cristiano Roberto Parilla Slughi 98cc del 1960
15 Prati Giorgio Parilla Slughi 98cc del 1960
16 Tessarollo Ernesto Parilla Slughi 98cc del 1960
17 Negri Mario Gilera 98SS del 1967

Der Start um 0.00 Uhr

Kurz vor 12.00 Uhr versuche ich den Motor zu starten, aber kein Zündfunke. Hektisch schraube ich den Motorabschalter heraus, jetzt klappt es der Motor kommt nach anschieben zum laufen.


12.04 meine Startzeit genau 2011 km liegen vor uns

Gestartet wird paarweise jede Minute, ich bin mit Startnummer 11 zusammen mit Moreno 12 (auch Laverda 100) am Start.

Kurz nach dem Start geht der Regen los und soll bis Asiago nie ganz aufhören. Die Sicht ist schlecht in der Dunkelheit und dem Regen, aber es ist nicht kalt (ca. 20°C). Kurz nach dem Start erreichen wir die vor uns gestarteten 75er Laverdas und Moto Morini Corsarinos. Wir fahren zusammen in der Gruppe durch die Nacht

Nach ca. ½ Stunde hält Giulia, die Corsarino Fahrerin, an weil sie den Weg nicht findet, der darauffolgende Laverdafahrer kann nicht ausweichen und streift das 16jährige Mädchen. Giulia liegt auf der Straße, ich kann gerade noch so ausweichen und einen weiteren und schlimmeren Unfall verhindern. Die Italiener kümmern sich um Giulia, ich ziehe schnell meine Regenhose an, aber die Jeans darunter ist eh schon nass bis zur Unterhose.

Weiter geht es bis kurz vor 1 Uhr dann ist der erste Kontrollpunkt in Crema erreicht ist. Hier gibt es Kaffe und Getränke, Kuchen und andere Häppchen, und die erste Zigarette. Als Leo ankommt muss ich bereits wieder starten, durch seine höhere Startnummer werden wir uns auf der Strecke wenig sehen, an den Kontrollpunkten aber, je nachdem wie schnell ich bin, dann einige Minuten.

Und wieder weiter in die Nacht mit Blitzen, Sturm und Regen. Das Wasser steht teilweise 20-30 cm hoch auf der Straße. Zwei weitere Ausrutscher im Kreisverkehr sehe ich vor mir, aber nichts schlimmes, der Fahrer hebt das Bike wieder auf und fährt weiter. Wir verfahren uns noch mal, Cremona war auch nicht auf der Route und fahren dann Richtung Bergamo um auf die Stecke zurückzufinden. Ab Bergamo machen einige Tempo, ich lasse sie ziehen und fahre lieber ruhig und langsamer zum Gardasee. Jetzt wo der Regen nachlässt sehe ich auch zum ersten mal die MiTa Pfeile die die gesamte Strecke ausschildern, klasse.

In Salo gibt es dann eine Cappuccino und ein Briosch, herrlich.

Auf der Fahrt nach Riva überholt uns ein BMW Gespann und setzt sich zwischen uns kleine Bikes. Kurz vor Riva macht er dann einen Fahrfehler und fliegt aus der Kurve in eine Mauer. Der folgende Ducati Cucciolo 65cc Fahrer kann nicht ausweichen und fliegt über das Gespann. Ich komme gerade noch daran vorbei. Aber Gott sei Dank kann die Cucciolo weiterfahren. Was aus dem Gespann geworden ist war mir egal, er wurde für seine Rücksichtslosigkeit genug bestraft.

Den Passo Pasubio gehe ich langsam an, es ist jetzt merklich kälter aber trotzdem kann mein Motor am Berg ohne Fahrtwind überhitzen. Mit zwei Stopps zum abkühlen erreiche ich die Passhöhe, die Abfahrt bei mittlerweile trockener Strecke macht dann richtig Spaß.

Noch mal geht es den Berg hoch nach Asiago, dort oben ist es bitter kalt, ich schlottere und zittere vor Kälte aber ich weis, jetzt geht es runter nach Breganze, der Heimat der Laverdas, und dort wird es auch viel wärmer.

Bei der Abfahrt übertreibe ich es leider, auf einem Ölfleck rutscht mit der Vorderreifen weg, peng, liege ich auf der Straße. Aber Glück gehabt, nur das Scheinwerferglas ist zerbrochen. In Breganze dann großer Applaus für die ankommenden Laverdas und alle anderen. Ossi und Don sind mit dem Auto gekommen um uns zu begrüßen. Endlich Sonne, Wärme, meine Jacke und Hose trocknen langsam ab.

Video Testlauf Laverda 75 Tarantina

Toni Rosato bringt mir am Nachmittag dann eine neue Ersatzlampe aus seiner Sammlung, klasse, die Laverda ist wieder heil. Die Abendgala ist dann mit super Essen und Lifemusik eine der besten der Tour. Nino Castellani der Sieger von 1952 und einige andere Laverda Rennfahrer sind als Ehrengäste da und wünschen uns eine gute Fahrt. Man fühlt sich wie zuhause.

2. Tag Breganze – Imola

Heute ist der Start erst um 9.00 Uhr, wir dürfen etwas länger schlafen und uns von dem Vortag ohne Schlaf erholen. Das Wetter ist sonnig und einfach klasse und soll auch die ganze weitere Woche so bleiben. Die beiden kleinen Corsarinos sind nicht mehr dabei, die Nachtfahrt und Sturz war doch zuviel.
Die Fahrt durch die Poebene ist zwar etwas langweilig, aber nach dieser Nacht trotzdem super.

Eine weile fahre ich zusammen mit Moreno, bis er zum Tanken raus fährt. Ich werde seine Laverda erst in Imola wiedersehen, ein defekt zwingt Ihn zur Aufgabe und er steigt ab Imola dann auf ein Ersatzbike (Aermacchi 250) um.

Video: Start in Breganze

Ich merke ich muss auf der Geraden ganz schön Gas geben um etwas Pausenzeit herauszufahren da die Ortsdurchfahrten viel Zeit kosten. Die großen Bikes haben da natürlich weniger Probleme. Vor Imola geht es dann noch in eine kurvige Schlucht mit starkem Gegenwind, ich muss mich klein machen um wenigstens 40 km/h zu fahren und die Fahrzeiten einzuhalten.

 

In Imola dann ist der Parkplatz vor dem Hotel ein richtiges Fahrerlager, 20-30 teilweise stark zerlegt Motoren zeugen von den Strapazen den ersten beiden Etappen. Ich bitte das Laverda Cornale Team um eine 22 Schraubenschlüssel zum Kettenspannen, kommt nicht in Frage ist die Antwort, bring dein Bike hierher, unsere Mechaniker machen das für dich, super Service, danke. Für Leo kürzen sie auch noch eine Schraube, einfach klasse wie jeder jedem hilft nach Taranto zu kommen.

Es soll ab morgen ein Benzinstreik der Tankstellen geben, die Fahrer mit Begleitfahrzeug horten Benzin, aber dann am Abend verkündet die Organisation dass exklusiv für uns 2-3 Tankstellen auf der Wegstrecke öffnen werden. Ja, die Milano – Taranto ist eine wichtige Institution in Italien, da gibt es dann auch mal extra Benzin.

Dann das schrecklichste was einen passieren kann, ich bin zusammen mit einem Schweitzer Nortonfahrer im Zimmer. Er schnarcht wie ein Walross! Trotz Ohrstöpsel kann ich nicht einschlafen. Ab 3 Uhr morgens verziehe ich mich dann in eine Besenkammer auf dem Flur um wenigstens 2-3 Stunden Schlaf zu finden.

3. Tag Imola – Cascia

Es geht schon um 7.30 Uhr los, Sarah sagte mir am Vorabend wir bekommen die Startkarten erst am ersten Stopp in Rimini, was leider nicht stimmte und mir mit 1000 Strafpunkten alle Siegeschancen nahm. Leider vergaß ich (war der wenig Schlaf schuld?) auch meine Landkarten für die Etappe. Ab Rimini dann wunderschöne Tour durch die Hügel der Marche.

Dann plötzlich keine MiTa Schilder mehr, verfahren! Ich hab noch die Worte eines netten Morini Fahrers der schon mal dabei war in der Ohren, wenn du Probleme hast, versuche noch ein Cafe zu erreichen, dort hilft man dir gerne als Milano – Taranto Fahrer.

Also erstmal Richtung Süden fahren, vielleicht komme ich ja automatisch wieder auf die Strecke. Als ich eine offene Tankstelle finde mache ich den Tank voll und kaufe mir eine Landkarte der Region. Weiter bis zu einem Cafe und dort rufe ich Sarah an und frage zu welcher Ortschaft / Pausenpunkt ich fahren muss. Ein netter Mann im Cafe erklärt mir noch den Weg und 10 km später bin ich wieder auf der richtigen Strecke. Leider erreiche ich den Pausenpunkt etwa 1 Stunde zu spät, aber egal da ich heute eh ohne Startkarte fahre geht das in den 1000 Punkten unter.

Ich bin jetzt weit hinten im Feld und kann endlich auch mal die größeren Morinis, Guzzis etc. sehen. Bergab kann man mit so einer kleinen Laverda den Morini 3 ½ ganz schön die Suppe versalzen, keinen Meter Land gewinnen die wenn es kurvig bergab geht.

Ich hohle wieder etwas auf und treffe Leo am letzten Kontrollpunkt. Die letzte Strecke fahren wir dann gemeinsam bis Cascia, ein alter Wallfahrtsort der heiligen Rita mitten in den Bergen.

Thomas (Morini 3 ½) mit dem ich schon in Imola im Zimmer war kann an der Rezeption erreichen den Schweizer Schnarcher umbuchen. Ich schlafe endlich mal in Ruhe aus.

4. Tag Carpia – Castropiano

Es geht wieder um 7.30 Uhr los, weinig Zeit zum Frühstück dass erst ab 7.00 Uhr angeboten wird, aber egal das Wetter passt, ich bin ausgeschlafen, die Strecke ist herrlich durch die Berge.

Einmal geht es über einen Pass von 300 Meter auf 1500 Meter. Ich gehe es langsam an um meinen Motor nicht zu überhitzen. Leo schafft es das einzige Mal mich dann am Pass einzuholen.

Am Abend auf den letzten Metern zum Hotel dann noch mal ein kleiner Pass. Bei 32°C wird der Motor zu heiß und geht aus. Sofort hält hinter mir der Cornale Teambus und fragt ob er helfen kann, aber es geht schon, nach einer Zigarettenpause schaffe ich auch noch diesen Pass und erreiche Castropiano.

Von den Höhenmetern gesehen war das sicher die härteste Etappe.


5. Tag Castropiano – Matera

Bis Mittag geht es noch durch schöne Hügel, dann wird das Land flach und die Temperatur brütend heiß.

In einer kleinen Ortschaft rutscht mir in einer Kurve das Hinterrad weg, ich drehe mich mit der Laverda um 180° und falle auf die Seite. Klasse, die überbreiten deutschen Nummernschilder haben meinen Auspuff vor Schaden bewahrt, danke deutsche Bürokratie! Aufheben, weiterfahren, vergessen.

Fahren, fahren, fahren, langsam fängt das Gehirn an dir Streiche zu spielen. War der Wegpfeil kurz vorher nach links oder rechts? Es kann passieren dass du den Pfeil einfach anders rum siehst! Also umdrehen und noch mal prüfen, oder weiterfahren und hoffen, diese Frage stellst du dir unzählige male. Gut wenn du auf einen langsameren triffst oder von schnelleren überholt wirst, dann weist du, du bist noch richtig. Aber die meiste Zeit fahre ich alleine durch Italien.

Kurz vor Matera fahren wir dann durch eine Hochebene, 80 km Weizenfelder und unvorstellbar heiß, aber der Motor schnurrt brav dahin und bringt mich pünktlich nach Matera. Laverda Mähdrescher sind hier an allen Ecken und Enden zu finden.

Matera, die älteste Stadt der Welt (es gibt Steinzeithöhlen) ist einfach klasse. In der Innenstadt immer wieder Bauten aus der Römerzeit, Marmorboden in der ganzen Stadt einfach toll. Wir wohnen in einem tollen Hotel direkt in der Innenstadt und haben auch noch Zeit eine Spritz in einem Cafe zu nehmen.

Leider wieder der Schweizer in unserem Zimmer, ich schlafe auf der Couch auf dem Flur, was soll’s ich brauche Schlaf und keinen Luxus.

6. Tag Matera – Taranto

Die letzte Etappe ist einfach, nur die Hitze kann noch zu Problemen führen. Wir starten erst um 9.00 Uhr und haben nur 250 km Wegstrecke. Keine Berge mehr, mit dem Wetter haben wir riesiges Glück, es ist kalt (28°C) für die Jahreszeit.

Je weiter wir in den Süden kommen desto wichtiger ist die Milano Taranto für die Leute der Region. Überall Zuschauer, freundliche Grüße, lachende Gesichter.

30 km vor Taranto dann der letzte Kontrollpunkt. Hier sammeln sich alle Überlebenden und fahren dann zusammen im Korso mit Polizei-Eskorte nach Taranto. Gut das alle Helme mit Visier oder Brille tragen, so mancher hat hier wohl Tränen in den Augen aus Freude endlich Taratno zu erreichen, die 6 strapaziösen Tage und 2000 km gut zu beenden. Der Korso ist ein einziger Triumphzug nach Taranto.

In Taranto ist auf der Uferpromenade dann noch mal 400 Meter Strecke abgesperrt in der jeder der Reihe nach durchfahren kann und dann die Zielflagge erreicht. Zahlreiche Zuschauer an der Seite applaudieren, einige Italiener haben Ihre Familie kommen lassen, es ist vollbracht. Man gratuliert sich gegenseitig und fährt dann zum Hotel zur Siegesfeier.

Der Schweizer hat ein Einzelzimmer genommen, hip, hip hurra!

Am Abend dann die große Feier mit Preisverleihung. Endlich gibt es mal Fisch zu essen. Ich bin der einzige 100erter Fahrer in der historischen Klasse (Moreno ist ja vor Imola ausgefallen und hat ein Ersatzbike gefahren) hier angekommen ist. Leider wurde die Klasse 100 Historica (da nur 2 Fahrer) zusammen mit der Klasse 100 Sport gewertet, da bin ich dann durch die 1000 Punkte nur noch auf dem 5. Platz, aber egal, der Pokal ist eben etwas kleiner.

Leo, hatte Glück, er hatte keine Strafpunkte und schaffte einmal die Lichtschranken Zeitkontrolle auf die hundertstel Sekunde was ihm dann 10 Pluspunkte bescherte und damit den 1. Platz.

Schade nur dass diese Vorgehensweise wahrscheinlich andere Fahrer davon abhält auch mal mit einem historischen (die auch in den 50er Jahren gestartet sind) Bike anzumelden, wenn man auch mit einen zuverlässigen Bike aus den 70ern gewinnen kann.

Aber mir und den meisten anderen ging es eh nie um Pokale sondern um zu sehen ob man es schafft mit seinem Bike, und auch zu fühlen und sehen wie die Rennfahrer in den 50ern das Land und Rennen erlebt haben, wen gleich natürlich nonstop eine ganz andere Herausforderung ist.

Video Einfahrt

Rückfahrt mit dem Autozug von Bari nach Torino


Erst mal ausschlafen, dann 70 km bis Bari fahren und auf den Autozug der uns über Nacht nach Turino bringt warten. Einfach ausspannen und erholen.

Rückfahrt von Torino nach Hause

Leider steht ja das Auto mit Hänger in Mailand, da wir die 150 km nicht mit Gepäck auf den kleinen Bikes durch die Großstädte fahren wollen nimmt Leo einen Zug nach Mailand und holt mich mit den Bikes dann am Bahnhof ab.
Für mich heißt das also nur warten bis Mittag und dann verladen und ab nach Hause.

Noch mal?

Ja aber, die Rückreise über 2 Tage ist zu lange, per Flugzeug währe super wenn jemand mein Bike nach Hause transportiert. Wer hat Lust dazu?

Lernt man Land und Leute kennen?

Jein, am meisten sieht man natürlich Straße und Asphalt, man achtet ständig auf den Verlauf, Schlaglocher (im Süden bis zu 50 cm tief) und Sand auf der Straße. Aber natürlich kann man immer wieder den Blick auch über das herrliche Land schweifen lassen. Mit dem kleinen Bikes hast du zu kämpfen um die Zeiten einzuhalten, da bleibt leider keine Zeit sich die Städte an den Kontrollpunkten genauer anzusehen. Hier sind die größeren Maschinen klar im Vorteil aber trotzdem würde ich lieber mit noch mal einer Laverda 75 als mit einer Laverda 750 teilnehmen, die Milano-Taranto ist eben das Rennen der kleinen Italiener.


Viele Grüße und Daumen hoch an alle die ich während der Fahrt kennengelernt habe.

Ciao
Sigi

 

ach ja, hier noch das Wichtigste